Der Fall Anna Korn fand ein großes Medienecho. Er wurde maßgeblich durch die selbsternannte Kinderschutzexpertin Sonja Howard und ihr Aktivistinnen-Netzwerk gepusht. Erneut ging es um angeblichen Missbrauch, wurde das Kind entzogen und in der Illegalität gehalten. Zahlreiche Medien berichteten über den Fall, die Mutter durchgehend als Opfer darstellend.
Ist dies berechtigt? Wir unterziehen den Fall einem Faktencheck, anhand dessen sich der Leser ein eigenes Bild von dem Fall machen kann und ziehen ein abschließendes Fazit.
Der familiäre Rahmen:
Anna Korn* ist die Mutter von Anton Korn* (*Namen geändert, unter diesem Namen werden sie in den Medien bezeichnet). Anton ist im März 2015 geboren, ist zum jetzigen Zeitpunkt acht Jahre alt. Über seinen Vater ist öffentlich nichts bekannt. Die Eltern waren nicht verheiratet. Im April 2018 trennen sie sich. Anton lebt zunächst bei seiner Mutter.
Anfang 2019 wirft Anna Korn dem Vater vor, den dreijährigen Anton missbraucht zu haben. Sie stützt sich auf eine Untersuchung des Kindes in einer Kinderklinik in P. Der Vorwurf bestätigt sich nicht. Das Familiegericht in D. bestellt einen Gutachter. Der bescheinigt Anna Korn eine „erheblich eingeschränkte Erziehungsfähigkeit“. Das Amtsgericht in D. überträgt deshalb mit Beschluss vom 12.11.2019 das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf den Vater. Anton lebt daraufhin zweieinhalb Jahre bei ihm.
Am 10.02.2022 bringt Anna Korn das Kind aus ihrem Umgang nicht zum Vater zurück. Sie taucht mit Anton unter. Anton ist zu diesem Zeitpunkt sechs Jahre alt und Erstklässler, besucht die Schule aber nicht mehr, da die Mutter mit ihm illegal an wechselnden Orten lebt. Am 02.11.2022 ändert das OLG Hamm einen weiteren Beschluss des Familiengerichts in D. ab. Anton verbleibt einstweilen und unter Auflagen im Haushalt der Mutter, bis ein weiteres Sachverständigengutachten erstellt ist. In der Zeit, in der die Mutter mit Anton untergetaucht war, haben sich derartige, vorher nicht vorhandene Ängste vor seinem Vater entwickelt, dass ein direkter Wechsel zu diesem im Moment nicht möglich sei. In einem neuen Verfahren soll über Antons Zukunft entschieden werden.
Über den Fall haben unter anderem berichtet:
- Dina Speranza und Jens Schwarz für RTL am 10.4.2022 „Mutter versteckt sich mit ihrem Sohn vor Behörden – wurde das Kind durch den Vater missbraucht?“
- Die heutige Spiegel-Reporterin Katrin Langhans am 26.11.201 (Gewalt und Missbrauch: Wenn Behörden Müttern ihre Kinder wegnehmen) und am 30.11.2021 (Sorgerechtsstreit: Inobhutnahme war rechtswidrig) in der Frankfurter Rundschau
- Das Magazin Little Years am 18.02.2022 „Selbst wenn Kinder jahrelang Gewalt gegen die Mutter mit ansehen mussten, wiegt das Umgangsrecht des Vaters vor Gericht schwer“ mit Sonja Howard
- Ariane Güdel am 12.12.2022 für das ZDF-Magazin WISO „Mängel im Familiengericht“
- Günther Held in insgesamt 16 Artikel zwischen November 2021 und Juni 2023 in der Neuen Westfälischen Zeitung (https://www.anstageslicht.de/themen/kinder-unsere-zukunft/skandaljugendamt-kreis-lippe-martyrium-einer-mutter/die-berichte-der-neuen-westfaelischen-ueber-das-martyrium-einer-mutter/)
- Justine Rosenkranz, ARD Story „Wer bekommt das Sorgerecht“ vom 07.08.2023
Quellen:
Beschlüsse des OLG Hamm 5 UF 108/22 vom 02.11.2022, Urteil des Verwaltungsgericht Minden, AZ 6 K 2887/19 vom 29.11.2021
Behauptung 1, aus einem Beitrag von Dina Speranza und Jens Schwarz für RTL
„Sie leben am Rande der Illegalität. Wie Anna ihrem Kind hier Halt geben will und warum sich jetzt die Kinderschutzexpertin des deutschen Bundestages für sie einsetzt?“
Die Fakten
Gegen Anna Korn liegt zu diesem Zeitpunkt ein Herausgabebeschluss des Amtsgerichts in D. vor. Sie ist mit Anton untergetaucht. Mit der „Kinderschutzexpertin des deutschen Bundestages“ ist Sonja Howard gemeint. Sonja Howard ist Mitglied im Betroffenenrat des unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM).
Wahr oder unwahr?
Beide Behauptungen sind unwahr. Anna Korn lebt zu diesem Zeitpunkt nicht am Rande, sondern in der Illegalität, unter Verstoß gegen einen richterlichen Beschluss. Sonja Howard ist eine Privatperson, die ihre eigenen biografischen Erfahrungen mit sexuellem Missbrauch in den Betroffenenrat einbringt. Sie ist keine Kinderschutzexpertin des Deutschen Bundestages – eine solche Funktion existiert nicht. Durch diese Titulierung wird der falsche Eindruck erweckt, offizielle Stellen hätten sich in den Fall eingeschaltet.
Behauptung 2, Artikel auf der Website von RTL über Anna Korn
„Das Jugendamt stellt Strafanzeige gegen den Kindsvater. Doch statt Aufklärung wird plötzlich der Mutter vorgeworfen, sie sei psychisch krank und leide am Münchhausen by Proxy-Syndrom, eine Erkrankung, bei der Frauen ihren Kindern Krankheiten vortäuschen.“
Die Fakten
Laut Urteil des Verwaltungsgerichts Minden verweigert Anna Korn dem Vater nach der Trennung Umgang mit seinem Sohn. In den Jahren 2018 und 2019 kommt es zu insgesamt zehn Umgangsverfahren vor dem Familiengericht in D. Als der Vater schließlich Umgang mit seinem Sohn bekommt, erhebt sie Missbrauchsvorwürfe
Dass Anna Korn an Münchhausen by Proxy (MbPS) leiden könne, ist eine Vermutung des Gutachters, weil sie Anton wiederholt zu wechselnden Ärzten geschickt hat. Die Staatsanwaltschaft hat sechs Monate ermittelt und das Verfahren im Juli 2019 eingestellt. Die Ermittlungen des Amtsgerichts und des Oberlandesgerichts haben „keinen stichhaltigen Verdacht gegen den Vater“ ergeben. Eine ärztliche Beratungsstelle, die Anton in zwölf Diagnostikterminen zwischen Februar und Mai 2021 untersucht hat, konnte ebenfalls keine Anzeichen eines Missbrauchs feststellen.
Wahr oder unwahr?
Unwahr. Es wurde umfangreich ermittelt. Durch die Verwendung des Passivs („wird … vorgeworfen“) und das Wort „plötzlich“ erweckt RTL den Eindruck, der Verdacht auf MbPS sei aus der Luft gegriffen. Tatsächlich hat der gerichtlich bestellte Gutachter ihn nach Gesprächen mit Vater, Mutter und Kind, Beobachtungen von Mutter und Vater im Umgang mit dem Kind und Studium der Akten geäußert, weil die Mutter Anton nach Kontakten mit dem Vater immer wieder bei Ärzten vorgestellt hat und sich ihre Behauptungen zum Zustand von Anton nicht bestätigten. Dies ist ein anerkanntes Kriterium, das auf eine Münchhausen by proxy Störung hindeuten kann.
RTL verschweigt, dass Anton von August 2019 bis zum Untertauchen der Mutter im Januar 2022, also zweieinhalb Jahre, problemlos im Haushalt seines Vaters gelebt hatte. Besuchskontakte mit seiner Mutter haben in der Zeit regelmäßig stattgefunden. Dem Zuschauer wird so ein falsches Bild vermittelt.
Behauptung 3, Katrin Langhans am 26.11.2021 in der Frankfurter Rundschau
„Anna Korn fällt es schwer, die Gerichtsunterlagen noch einmal durchzugehen. Nicht nur weil dort auf dutzenden Seiten steht, dass sie eine psychisch kranke Mutter sei. Auch nicht, weil ihr dann wieder bewusst wird, dass ihr das Jugendamt auf Grundlage falscher Annahmen den Sohn entriss, anstatt alles dafür zu tun, einen Missbrauchsverdacht zu klären.“
Die Fakten
Anna Korn wurde das Aufenthaltsbestimmungsrecht vom Amtsgericht in D. entzogen. Der Missbrauchsverdacht wurde geklärt (s. Behauptung 2). Das Jugendamt ist nicht zuständig für die Klärung eines Missbrauchsverdachts, sondern die Staatsanwaltschaft.
Wahr oder unwahr?
Unwahr. Katrin Langhans unterschlägt, dass die Staatsanwaltschaft, der Gutachter, zwei Gerichte und auf Missbrauch spezialisierte Ärzte keinen Anhaltspunkt für einen Missbrauch gefunden haben. Durch das Verb „entriss“ erweckt sie den Anschein, Anna Korn sei das Kind widerrechtlich weggenommen worden. Tatsächlich hat das Familiengericht mit Beschluss vom 12.11.2019 dem Vater das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen. Anton hat in der Folge bei ihm gelebt. Anna Korn hat Anton zweimal die Woche im Rahmen ihres Umgangs gesehen.
Behauptung 4, Katrin Langhans in der Frankfurter Rundschau
„Aus der Einstellungsverfügung kann man überhaupt nicht herauslesen, dass die Unschuld erwiesen ist“, sagt Korns Strafrechtsanwalt Laue. Die Hürden für eine Verurteilung im Strafrecht seien sehr hoch – nur weil es keine Anklage gebe, sei das noch lange kein Beweis für die Unschuld des mutmaßlichen Täters.“
Die Fakten
Eines der rechtsstaatlichen Prinzipien ist die Unschuldsvermutung: Jeder gilt bis zum Beweis seiner Schuld als unschuldig. Sie ist ein unveräußerliches Menschenrecht, verankert in den Chartas der Vereinten Nationen und der Europäischen Union und im Grundgesetz. In diesen Fall hat die Staatsanwaltschaft ermittelt und ist zu dem Beschluss gekommen, dass es keine Anhaltspunkte gibt, die für die Schuld des Vaters sprechen würden.
Wahr oder unwahr?
Weder noch. Laue kehrt die Unschuldsvermutung um und zündet hier eine Nebelkerze: Solange die Unschuld des Vaters nicht erwiesen sei, könne er nicht als unschuldig gelten. Dies widerspricht rechtsstaatlichen Prinzipien. Nach diesem Maßstab könnte nahezu niemand zweifelsfrei freigesprochen werden. Katrin Langhans lässt diese abenteuerliche Behauptung unwidersprochen stehen. Das ist unseriös.
Behauptung 5, Katrin Langhans am 26.11.2021 in der Frankfurter Rundschau
„Das Verwaltungsgericht Minden hat nun am Montag entschieden, dass Antons Inobhutnahme auf Basis des Gutachtens nicht angemessen gewesen sei. Das Gutachten sei widersprüchlich formuliert gewesen, der Gutachter habe mal von „fraglichen“, dann wieder von „deutlichen“ Hinweisen auf das Münchhausen-by-Proxy Syndrom gesprochen. Es habe sich daraus keine akute Kindeswohlgefährdung ableiten lassen.“
Aus der ARD-Story „Wer bekommt das Sorgerecht“ von Justine Rosenkranz
Das Verwaltungsgericht in Minden hat festgestellt, dass die Inobhutnahme im Kindergarten vor über drei Jahren rechtswidrig war und sie nicht psychisch krank ist.“
Die Fakten
Das Jugendamt darf ein Kind nur bei einer dringenden Gefahr für das Kindeswohl in Obhut nehmen. Diese dringende Gefahr, so das Verwaltungsgericht Minden, habe nicht vorgelegen. Das Jugendamt hätte beim Familiengericht einen Gerichtsbeschluss erwirken müssen und habe durch die eigenständige Inobhutnahme ohne vorherige Anrufung des Familiengerichtes seine Befugnisse überschritten.
Wahr oder unwahr?
In Teilen unwahr. Ob die Inobhutnahme auf Basis des Gutachtens angemessen war, hatte das Verwaltungsgericht nicht zu entscheiden. Es hat lediglich befunden, dass das Jugendamt sie aus formalen Gründen zu diesem Zeitpunkt nicht hätte vollziehen dürfen. Das Amtsgericht in D. hat drei Monate später auf Basis des Gutachtens das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf den Vater übertragen. Zu möglichen psychischen Krankheiten hatte das Verwaltungsgericht nichts festzustellen. Dass es befunden hätte, Anna Korn sei nicht psychisch krank, ist unwahr.
Behauptung 6, Katrin Langhans am 26.11.2021 in der Frankfurter Rundschau
„Anna Korn hatte 2018 einen Gewaltschutzbeschluss gegen den Vater erwirkt. Zudem hatte später das Amtsgericht D. Besuche ausgesetzt, da Kinderschutzexpert:innen einen Missbrauchsverdacht erhoben hatten.“
Die Fakten
Antons Umgänge mit seinem Vater wurden per Gerichtsbeschluss vom 14.2.2019 für drei Monate ausgesetzt, nachdem die Kinderklinik in Paderborn am 13.2.2019 den Verdacht einer Kindeswohlgefädung gemeldet hatte. Es hat außerdem ein Gutachten u.a. zur Frage angefordert, ob vom Vater eine Gefahr für Anton ausgeht. Beides ist gängiges Procedere, wenn der Verdacht einer Kindeswohlgefährdung aufkommt.
Wahr oder unwahr?
Wahr. Allerdings ist mit dem Aussetzen der Umgänge keine Bewertung des Verdachtes durch das Amtsgericht verbunden. Es handelt sich lediglich um eine Schutzmaßnahme für den Zeitraum der Verdachtsabklärung. Laut Gutachten geht keine Gefahr vom Vater für das Kind aus.
Das OLG resümiert: „Antons Wohl wird von der Mutter beeinträchtigt. Die Mutter ist nicht in der Lage, ihre eigenen Interessen an einem exklusiven Zusammenleben mit „Anton“ unter Ausschaltung des Vaters dem Wohl des Kindes unterzuordnen.“
Behauptung 7, Christian Laue, Anna Korns Anwalt in einem Beitrag von Adina Güdel fürs ZDF-Magazin WISO
„Es gibt gewisse Ermittlungsstrukturen in solchen Fällen, unter anderem beispielsweise, dass eine Hausdurchsuchung beim Beschuldigten, wenn wirklich ein Verdacht gegen ihn besteht, durchgeführt wird, um herauszufinden, ob er nicht irgendwelche Datenträger mit Kinderpornografie hat. Aber das wurde alles im Jahr 2019 nicht gemacht.“
Die Fakten
Eine Hausdurchsuchung muss von einem Richter angeordnet werden. Sie ist nur dann zulässig, wenn ein hinreichender Tatverdacht besteht. Ein hinreichender Tatverdacht setzt voraus, dass konkrete Anhaltspunkte für eine Straftat vorliegen. Ein einfacher Verdacht reicht nicht aus. Es müssen auch konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass Beweismittel in der durchsuchten Wohnung zu finden sind.
Wahr oder unwahr?
Weder noch. Laue zündet hier erneut eine Nebelkerze. Für die Staatsanwaltschaft lagen keine konkreten Anhaltspunkte für Missbrauch vor. Deshalb hat sie die Ermittlungen eingestellt. Laue selbst gibt an, dass dies aber die Voraussetzung für eine Hausdurchsuchung gewesen wäre. Es gab keine konkreten Anhaltspunkte, dass sich in der Wohnung des Vaters Beweismitteln befinden könnten, deshalb wurde auch keine Durchsuchung durchgeführt.
Behauptung 8, aus der ARD-Story „Wer bekommt das Sorgerecht“ von Justine Rosenkranz
„Ich erfahre von einer weiteren Frau. Auch ihr wurde das Sorgerecht mit der Begründung Eltern-Kind-Entfremdung entzogen.“
Die Fakten
Der Mutter (Anna Korn) wurde das Sorgerecht wegen einer „erheblich eingeschränkten Erziehungsfähigkeit“ entzogen.
Wahr oder unwahr?
Unwahr. Von Eltern-Kind-Entfremdung ist nirgends im Beschluss, mit dem Anna Korn das Sorgerecht entzogen wurde, die Rede.
Behauptung 9, Gunter Held am 11.7.2022 in der neuen Westfälischen
„In seinem Urteil kommt das Verwaltungsgericht in Minden zu dem Schluss, dass die Inobhutnahme des Kindes durch Mitarbeiter des Jugendamtes rechtswidrig war. Im Klartext: Mitarbeiter des Jugendamtes des Kreises Lippe haben einer gesunden, erziehungsfähigen Mutter das Kind weggenommen. Und das durften sie nicht. Und was macht die zuständige Familienrichterin Koonert? Sie stellt nicht den ursprünglichen Zustand – das Kind hat den Lebensmittelpunkt bei der Mutter, die nachgewiesenermaßen gesund und erziehungsfähig ist, der Vater hat ein Umgangsrecht – wieder her, sondern bestätigt, dass das Kind zum Vater soll.“
Die Fakten
Das Verwaltungsgericht hat den Verwaltungsakt der Inobhutnahme des Kindes durch das Jugendamt aus formalen Gründen für rechtswidrig erklärt. Die Gesundheit und die Erziehungsfähigkeit der Mutter waren nicht Gegenstand der Überprüfung.
Wie der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu entnehmen ist, hat die Mutter ihre Anträge dazu selbst zurückgenommen, ebenso wie den Antrag auf Rückführung von Anton in ihren Haushalt.
Unabhängig von der Inobhutnahme durch das Jugendamt hat das Familiengericht in D. dem Vater wegen „erheblich eingeschränkter Erziehungsfähigkeit“ der Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht zugesprochen.
Wahr oder unwahr?
Wahr ist, dass die Inobhutnahme durch das Jugendamt aus formalen Gründen rechtswidrig war. Eine Pflicht des Familiengerichts, den, wie Gunter Held es formuliert: „ursprünglichen Zustand“ wiederherzustellen, besteht nicht. Die Mutter selbst hatte ihre falschen Anträge zurückgenommen. Das Familiengericht traf eine eigene Entscheidung, die mit der Verwaltungssache „Inobhutnahme“ nicht zu tun hatte.
Woraus Gunter Held ableitet, Anna Korn sei „nachgewiesenermaßen gesund und (…) erziehungsfähig“, ist unklar. Bereits im August 2019 empfahl der gerichtlich bestellte Sachverständige einen Wechsel des Kindes zum Vater „wegen einer erheblich eingeschränkten Erziehungsfähigkeit der Mutter“. Das Oberlandesgericht schreibt:“ Antons Wohl wird von der Mutter beeinträchtigt. Die Mutter ist nicht in der Lage, ihre eigenen Interessen an einem exklusiven Zusammenleben mit Anton unter Ausschaltung des Vaters dem Wohl des Kindes unterzuordnen. (…) Das Kind lebt mit der Angst vor Entdeckung und entwickelt Ängste und Misstrauen gegenüber dem Vater, den Behörden, den Gerichten; es sieht sich von feindlichen Absichten umzingelt, mit der Folge einer noch engeren Bindung an die Mutter als einzig verbliebener Bezugsperson. (…) Schließlich besteht durch das Handeln der Mutter die Gefahr, dass Anton in der Öffentlichkeit als Missbrauchsopfer stigmatisiert wird. Denn durch die Einschaltung von Presse und Fernsehen sind Anton und der Sorgerechtsstreit einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden.“
Behauptung 10, Sonja Howard am 18.02.2022 in einem Interview mit littleyears.com
„Damals ist das Jugendamt in die Kita gegangen und hat von heute auf morgen das Kind beim Vater untergebracht, gegen den zu diesem Zeitpunkt noch ein Verfahren wegen des Verdachts auf sexuellen Missbrauch lief und der seit fünf Monaten einen Umgangsausschluss hatte.“
Die Fakten
Im Beschluss des OLG Hamm vom 02.11.2022 stellt der Senat den Ablauf des Falles dar. Demnach habe das Jugendamt Anton am 15.08.2019 in Obhut genommen. Der Gewaltschutz wegen angeblichem sexuellem Missbrauch habe vom 14.02.2019 bis 14.05.2019 bestanden. Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wurden bereits im Juli 2019 eingestellt.
Wahr oder unwahr?
Unwahr. Wie das OLG Hamm belegt, lief zum Zeitpunkt der Inobhutnahme weder ein Ermittlungsverfahren noch hatte der Vater einen Umgangsausschluss.
Pikantes Detail: In Vorspann zum Interview heißt es, das Kind sei „beim Täter“ untergebracht worden. Tatsächlich ist Anton Korns Vater bis heute weder angeklagt noch verurteilt worden. Vielmehr haben die Ermittlungen bis heute den Verdacht des Missbrauchs nicht bestätigt.
Fazit
Der Fall Anna Korn ist wohl der prominenteste, den Aktivistinnen wie die selbsternannte Kinderschutzexpertin Sonja Howard massiv in die Öffentlichkeit tragen. Wie in anderen Fällen hat Anna Korn den Missbrauch erst vorm Familiengericht behauptet, nachdem zahlreiche familiengerichtliche Versuche, den Umgang mit dem Vater zu verhindern, gescheitert waren. Aus verfahrenstaktischen Gründen?
Fakt ist, dass sich der Verdacht nie erhärtet hat, auch nicht in den zweieinhalb Jahren, die Anton bei seinem Vater gelebt hat. Wie in anderen Fällen auch hat Anna Korn Gerichtsbeschlüsse und die Schulpflicht missachtet, ihrem Sohn ein Leben in der Illegalität zumutet und ihm laut Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm Angst vor dem Vater eingeredet.
Medienkritik ist angebracht
Erstaunlich ist, dass öffentlich-rechtliche und private TV-Sender faktenwidrig über den Fall berichten, ebenso mit Journalistenpreisen für investigative Recherchen (Langhans und Held) geehrte Autoren. Kennen die Autoren und Autorinnen, die Redakteure und Redakteurinnen, die Beschlüsse nicht? Warum werde die deutlichen Worte des Oberlandesgerichts Hamm und des Verwaltungsgerichts Minden an Anna Korn nicht zum Anlass genommen, die eigene Berichterstattung kritisch zu hinterfragen? Und wie steht es um die Neutralität der im Faktencheck genannten Journalisten und Journalistinnen, wenn sie anscheinend, wie interner Mailverkehr nahelegt, u.a. mit Sonja Howard in einem Medienpool zusammenarbeiten?
Sonja Howard drückt es im Interview mit littleyears.com so aus: „Eine Anwältin sagte mal so schön: “Bei Frau Howard laufen alle Fäden zusammen.“ Und weiter: „Ich versuche dann, wie im Fall Anna Korn/Elke D. (…) Politik und Medien mit ins Boot zu holen.“
Das ist an sich nicht zu beanstanden. Aber es wäre die Pflicht der beteiligten Medien, Sonja Howards Rolle im Fall Anna Korn benennen, statt sie als vermutlich neutrale „Kinderschutzexpertin“ den Fall kommentieren zu lassen, bei dem alle Fäden bei ihr zusammenlaufen? Wäre es nicht die journalistische Pflicht der Medien, die von Howard und weiteren Aktivistinnen gelieferten Behauptungen einem Faktencheck zu unterziehen und nicht einfach zu übernehmen?
Anna Korns „wünsch Dir was“
Ähnlich wie Anette W. hat auch Anna Korn eine Vorstellung, wie nach ihren illegalen Handlungen zulasten des Kindes und unter Missachtung von Gerichtsbeschlüssen entschieden werden müsse. Im Beschluss des OLG Hamm vom 02.11.2022 werden ihre Anträge wie folgt beschrieben:
„Die Mutter sei die Einzige, die kindeswohlorientiert handele. Sie sei bereit, A in eine Diagnosegruppe außerhalb von M zu bringen, was ihm aber nur möglich sei, wenn er seine engste Bindungsperson bei sich habe. Ihr sei nach der Herausgabeentscheidung des Familiengerichts vom 12.1.2022 (Bl. 8 BA 34 F 9/22) keine andere Wahl geblieben, als unterzutauchen. A habe den Beschluss abgelehnt. Eine Auslieferung an das Jugendamt ließe ihn zerbrechen. Der Zustand müsse zum Vorteil des Kindes – unter der Bedingung wenn überhaupt nur begleiteten Umgangs des Vaters – legalisiert werden, da dann eine Vernehmung, ein Schulbesuch und ein öffentliches soziales Leben möglich würde“.
Wiedergabe der Selbstsicht von Anna Korn in ihren Anträgen beim OLG Hamm
Im Klartext, Diagnosen dürften nur nach den Vorstellungen der Mutter erstellt, das von ihr dem Kind vermittelte Feindbild des Vaters aufrechterhalten und jede ihrer illegalen Handlungen legalisiert werden. Würde solchen Forderungen nachgegeben werden, dann wären rechtsstaatliche Organe überflüssig. Es würde Anarchie und das Recht des Stärkeren bzw. Rücksichtsloseren gegen die Kinder gelten. Dass Gerichte und Jugendämter da nicht mitmachen, ist im Sinne des Kinderschutzes nur zu begrüßen.
Ergänzende Anmerkung
Es gibt zu dem Fall Anna Korn noch weitaus mehr falsche Aussagen, die sich aber weitgehend wiederholen. Sie alle darzustellen, hätte hier den Rahmen gesprengt.
Das ZDF wurde mehrfach schriftlich auf die Falschdarstellungen hingewiesen. Man erkenne aber keine Fehler. Stattdessen wurden die Beschwerden an die Aktivistinnen weitergeleitet, die durch Strafanzeigen und Unterlassungserklärungen versuchen, die Veröffentlichungen auf hochstrittig.org zu verhindern. Erfolglos. Fakten sind beständiger als Falschdarstellungen und Lügen.
Spannend dürften auch die Inhalte von Howards Ende August 2023 erscheinendem Buch sein. Es würde nicht wundern, wenn dort von ihr die auch hier in den Faktenchecks aufgeführten Fälle mit den nachgewiesen falschen Behauptungen erscheinen. Der Verlag wurde anlässlich des ersten Faktenchecks (Maria B.), also lange vor der Buchveröffentlichung, auf Howards Falschdarstellungen hingewiesen. Eine Reaktion erfolgte nicht.