Wechselfrequenz: 40 Wechsel im Monat sind normal

Bei getrennten Eltern stellt sich die Frage der Wechselfrequenz. Wie häufig sollen die Kleinen zwischen Mama und Papa wechseln. Beratungsstellen, Jugendämter und Familiengerichte sehen dies nicht nur im Zusammenhang mit dem Wechselmodell (Doppelresidenz) kritisch. Dabei ist es eigentlich ganz einfach. Mindestens 40 Wechsel im Monat sollten es schon sein.

Wie Kinder zwischen Bezugspersonen „wechseln“

Der Wechsel von Kindern zwischen Bezugspersonen ist etwas völlig Normales. Ob Krippe, Kita oder Schule, die Kinder wechseln. Bei Großeltern, Freunden oder Verwandten schaffen Eltern dies meist selbst problemlos zu integrieren.

In Kita / Krippe gibt es noch eine Eingewöhnung, da es die erste größere Wechselära ist. Ob es nur wenige Stunden oder doch mehrere Tage dauert, die Kinder integrieren es in ihr Leben, selbst zu völlig fremden Personen zu wechseln. Eltern fällt es da manchmal schon schwerer, loszulassen. Fünf Tage die Woche gibt es täglich zwei Wechsel der Kinder. Einmal morgens, einmal abends, macht 40-mal im Monat.

Die Wechselfrequenz von Kindern in Kita oder Schule ist hoch - und meist unproblematisch
Kinder wechseln wochentäglich zweimal von den Eltern in die Kita oder Schule – insgesamt 40x im Monat.
Foto: Pixabay

Wechsel von Trennungskindern

Während Kinder zusammenlebender Eltern völlig normal selbst zwischen familienfremden Bezugspersonen und den Eltern wechseln, soll dies bei Kindern getrennter Eltern zwischen den ihnen am engsten vertrauten Personen, ihren Eltern, plötzlich zum Problem werden? Zumindest wird dies in strittigen oder hochstrittigen Fällen immer wieder vorgetragen.

Eltern, welche sich einvernehmlich einigen, ihre Kinder im Blick haben und einen respektvollen Umgang miteinander pflegen, haben solche Probleme nicht. Selbst, wenn die Kinder eine hohe oder unregelmäßige Wechselfrequenz leben.

Limitierender Faktor sind die Eltern

Eltern und teilweise auch Fachkräfte argumentieren, dass die „Wechsel“ schwierig seien und die Kinder diese schlecht verkraften oder gar ablehnen. Richtig ist, dass Wechsel eine Anpassungsleistung darstellen. Egal, ob zu Oma und Opa, in die Kita oder in den Sportverein. Kinder müssen sich an die dortigen Gegebenheiten, Regeln und Personen anpassen.

Limitierender Faktor sind meist die Eltern oder ein Elternteil. Ihre Emotionen, Befindlichkeiten, ihre Ablehnung des anderen Elternteils, ihre nicht gelöste Paar-Ebene belasten die Kinder.

Die Kinder nehmen dies auf, reagieren gemäß den Erwartungen des Elternteils, bei dem sie sich gerade befinden. Dies führt teils zu kindlichen Äußerungen, welche im jeweils anderen Haushalt konträr sind.

Manchmal berichten nicht einmal die Kinder selbst von Problemen mit den Wechseln. Dafür ein (oder beide) Elternteils umso intensiver. Dass es ihre eigene Sicht oder Vorstellung, nicht aber die des Kindes ist, nehmen sie nicht wahr.

Noch schlimmer ist es, wenn Eltern wissen, dass die Kinder keine Probleme haben, diese aber trotzdem behauptet und sich dadurch Vorteile bei Jugendamt oder Familiengericht verschaffen wollen. Solchen Formen verfahrenstaktischer Hochstrittigkeit muss frühzeitig und entschieden begegnet werden, bevor sich die eigennützige Sicht dieses Elternteils auf das Kind überträgt und dadurch langfristige Schäden beim Kind verursachen kann. Auch hier gilt wieder: Zeit schafft Fakten!

Ohne gute Eltern kein gutes Betreuungsmodell

Wenn ein oder beide Eltern es nicht schaffen, ihre Pflicht zur verantwortungsvollen Wahrnehmung ihrer Elternrolle zu leben, wird es für die Kinder kein gutes Betreuungsmodell geben. Die Frage ist daher nicht: wie viele Wechsel sind gut für das Kind, sondern wie viele Wechsel belasten das Kind angesichts der Defizite eines oder beider Elternteile am wenigsten?

„Wechselmodell“ senkt Wechsel

Bei zwei defizitären Eltern ist, entgegen häufiger Meinung, in der Regel das Wechselmodell das Betreuungsmodell, welches den Kindern den geringsten Schaden zufügt. Es weist eine geringe Wechselfrequenz auf (vier beim Modell Woche – Woche) und gibt den Kindern die Möglichkeit, sich auf den jeweiligen Elternteil einzustellen und mit diesem möglichst ungestörte Zeit zu verbringen.

Die häufig von solchen Elternteilen ausgehenden Spannungen im Vorfeld eines Wechsels wirken so seltener auf das Kind ein als im häufig angeordneten „erweiterten Umgang“ mit 8 oder gar 12 Wechseln im Monat.

Das „Wechselmodell“ sollte daher Doppelresidenz genannt werden, um keine falschen Assoziationen zu wecken. Denn die wahren hochfrequenten „Wechselmodelle“ sind erweiterte Umgänge.

Wenn einer sich bindungsfürsorglich verhält

Nicht immer haben beide Eltern das Kind und dessen Bedürfnisse aus dem Blick verloren, sind nicht beide im Paarstreit verhaftet, handeln nicht beide egoistisch. Bei dem Elternteil, der es abseits der Paarkonstellation vermag, seinen Fokus tatsächlich auf das Kind zu legen, wird das Kind in seinen Bedürfnissen und seiner Individualität gefördert, kann frei seine Bindungen leben. Dem Kind sollte in einer solchen Konstellation mehr Zeit bei diesem Elternteil ermöglicht werden, sofern nicht triftige, das Kindeswohl gefährdende Gründe dem entgegenstehen. Denn bei diesem Elternteil hat das Kind die Möglichkeit, seine liebe zu BEIDEN Elternteilen zu leben.

In der Zwischenzeit sollte der andere Elternteil darin unterstützt werden, sein eigenes Verhalten zu reflektieren und seine Emotionen in Bezug auf das Verhältnis zum anderen Elternteil zu bearbeiten. Ziel muss sein, zu einem angemessenen Umgang auf der Elternebene zurückzufinden. Dann werden die Eltern in der Regel auch für die Zukunft selbständig zu einer Regelung des Kontaktes des Kindes mit beiden Eltern finden.

Die Wechselfrequenz ist nicht das Problem

Diskutiert wird bei strittigen Eltern über die Wechselfrequenz, den Umgang, das Sorgerecht oder sonstigen Punkten. Es sind aber nur Symptome. Stellvertreterkriege im Gefecht unbewältigter Emotionen, denen sich Fachkräfte mit Umgangsregelungen oder Veränderungen von Umgangsmodalitäten (Stichwort: parallele Elternschaft) und ähnlichem widmen. Stellvertreterkriege, in denen die Kinder Opfer sind und über kurz oder lang Schaden nehmen werden. Im schlimmsten Fall wird dem Drängen des rücksichtslosesten Elternteils nach Reduzierung des Kontakts zum anderen Elternteil nachgegeben. Das Kind wird damit dem emotionalen Missbrauch preisgegeben. Das Argument „das Kind muss zur Ruhe kommen“ (siehe Verfehlte Lösungsansätze) geht in solchen Fällen ins Leere. Denn das Kind kommt erst in einem bindungsfördernden und die Bedürfnisse des Kindes wahrnehmenden Umfeld zur Ruhe kommen.

Fachkräfte müssen das tatsächliche Problem identifizieren und an der Ursache arbeiten. An den Defiziten eines oder beider Elternteile. Nur so kann Schaden von Kindern abgewendet werden.

Und manchmal kann es auch sinnvoll sein, Eltern mit Logik und Fakten zu begegnen, um dem wirklichen Problem auf den Grund zu gehen. Wenn sich ein Elternteil über Wechsel oder Wechselfrequenz beschwert, dann darf man auch mal die Frage stellen, wie es dem Kind möglich ist, 40 Wechsel im Monat zu absolvieren – in Krippe, Kita oder Schule.

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Ein Kommentar

  1. Naja die Ursache wird halt nicht von Verfahrensbeteiligten angeschaut.
    Zitat „Ursache mit Sicherheit Interessant, aber nicht deren Hauptthema, das würde den Auftrag sprengen. Zumal sei das Thema einer Beratung.“ –> Beratung hat keinerlei Handlungskompetenz –> Fail

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