Die kleine Umgangspflegschaft

In hochstrittigen Fällen wird häufig die Behauptung erhoben, „die Eltern können nicht kommunizieren“. Meist mangelt es jedoch eher an der Bereitschaft, denn am Können. Dies gilt umso mehr, wenn sich ein Elternteil aufgrund einer taktischen Verweigerung Vorteile im Sorge- oder Umgangsrechtlichen Verfahren erhofft. In solchen Konstellationen kann eine Intervention, welche ich als „kleine Umgangspflegschaft“ bezeichne, häufig wahre Wunder bewirken.

Was ist die „kleine Umgangspflegschaft“

Die Eltern sollen transparent auf einem festgelegten Weg, z.B. in einer Messenger-Gruppe, kommunizieren. Mit in dieser Gruppe ist ein Berater, Umgangspfleger o.ä. Damit wird transparent, wer wie kommuniziert, sich auf der Elternebene befindet oder unter Umständen auch provoziert. Ein unmittelbares Feedback zur Kommunikation mit Hinweisen zur Verbesserung wird möglich. Erkennbar wird auch, wer sich einer gelingenden Kommunikation verweigert.

Erstaunliche Effekte

Durch die Einforderung einer solch transparenten Kommunikation hat jeder Elternteil die Möglichkeit, seine Fähigkeit und Bereitschaft zur Kommunikation unter Beweis zu stellen. Zuvor sollten Jugendamt oder Familiengericht die „Hinweise für Eltern bei Kommunikations- und Kooperationsproblemen“ aushändigen. Sie sollten die, auch durch den Gesetzgeber formulieren, Erwartungen an die Eltern verdeutlichen und die Konsequenzen für eine Verweigerung aufzeigen.

In den weitaus meisten Fällen wird man feststellen, dass auf einmal beide Eltern fähig und in der Lage sind, zu kommunizieren und zu kooperieren. Dies selbst dann, wenn ein Elternteil dies bisher noch vehement bestritten und durch seine eigene Verweigerungshaltung manifestiert hatte.

Durch die "kleine Umgangspflegschaft" wird transparent, welcher Elternteil wie kommuniziert
Die „kleine Umgangspflegschaft“ macht transparent, welcher Elternteil wie kommuniziert.

Erkennbar wird auch, wenn ein Elternteil tatsächlich nicht bereit oder in der Lage ist, eine angemessene Kommunikation auf der Elternebene zu finden. Sollte dies auch nach fachlichen Hinweisen und Unterstützung nicht möglich sein, hat man eine belastbare Grundlage, um entsprechende Schutzmaßnahmen für den anderen Elternteil zu rechtfertigen.

Kommunikation in der "kleine Umgangspflegschaft" durch KI optimieren

In einem Webinar gab ein Teilnehmer den Tipp, dass er seine Kommunikation vor dem Versenden durch Chat-GPT laufen und auf möglicherweise eskalierende oder provozierende Formulierungen überprüfen und korrigieren lässt.

Er hat damit eine Unterstützungsmöglichkeit genutzt, um auf der Elternebene deeskalierend zu wirken und selbst noch Lernmöglichkeiten zu erkennen. Ziel soll es natürlich sein, eigenständig eine entsprechende Kommunikation zu ermöglichen.

Selbst- und Fremdaussagen

Nutzen Sie in hochstrittigen Fällen öfter mal die Möglichkeit der „kleinen Umgangspflegschaft“. Eine formale Anordnung des Kommunikationsweges kann zwar nur durch das Familiengericht erfolgen. Der Vorschlag kann aber natürlich auch von Beratungsstellen, Jugendämtern, Verfahrensbeiständen und weiteren unterbreitet werden.

Sollte sich ein Elternteil dieser „kleinen Umgangspflegschaft“ verweigern, so ist dies natürlich sein gutes Recht. Wenn dieser Elternteil allerdings die Behauptung erhoben hatte, „die Eltern können nicht kommunizieren“, dann darf man diesen Elternteil mit der gebotenen Freundlichkeit und Nachdrücklichkeit darauf hinweisen, dass man dies als Selbstaussage bezogen auf seine eigene Fähigkeit und Bereitschaft gerne zur Kenntnis nimmt und entsprechend bei Entscheidungen zum Sorge- und Umgangsrecht werten wird.

Eine Feststellung in Bezug auf den anderen Elternteil leitet sich damit allerdings nicht ab. Denn dieser kann für sich in Anspruch nehmen, seine Kommunikations- und Kooperationsbereitschaft und -fähigkeit unter Beweis zu stellen. Und dadurch im familiengerichtlichen Verfahren entsprechende Vorteile zu erlangen.

Fazit „kleine Umgangspflegschaft“

Die Kommunikationsfähigkeit und -bereitschaft eines jeden Elternteils kann auch mithilfe der „kleinen Umgangspflegschaft“ schnell, einfach und mit geringem Aufwand geprüft werden. Eines Gutachtens bedarf es nicht.

Wichtig ist, dass Fachkräfte nicht Pauschalurteilen wie „hochstrittig“ oder „die Eltern können nicht kommunizieren“ folgen. Eltern sind in die Verantwortung zu nehmen, ihre Elternschaft verantwortungsvoll auszuüben. So lassen sich weitere Eskalationen und Belastungen der Kinder vermeiden oder zumindest reduzieren.

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