Die perfekte Waffe

Gewalt und Missbrauch sind schwere Straftaten. Sie werden deshalb auch zurecht hart bestraft und in unserer Gesellschaft geächtet. Immer wieder wird aber auch versucht, sich mit falschen Vorwürfen von Gewalt und Missbrauch einen taktischen Vorteil zu verschaffen. Einige Interessensgruppen wollen erreichen, dass bereits der Vorwurf von Gewalt und Missbrauch sicher zum Umgangsausschluss und sorgerechtlichen Maßnahmen führt. Dies wäre die „perfekte Waffe“ in hochstrittigen Verfahren.

Solche Bestrebungen von vor allem feministischen Interessen-Randgruppen sind in mehreren Ländern feststellbar. Mittlerweile wird dies bis auf Ebene der Vereinten Nationen versucht, dieses Ziel mit nachweisbar falschen Informationen zu erreichen. Die entsprechende Stellungnahme von hochstrittig.org zu diesen Versuchen wird inkl. Quellen am Ende dieses Artikels mit aufgeführt.

Wettlauf um den Missbrauchsvorwurf?

Für den Kinderschutz jedoch wäre es genauso eine Katastrophe, wie für echte Opfer von Gewalt und Missbrauch. Diesen würde man vorhersehbar weniger Glauben schenken in der Vielzahl unberechtigter Vorwürfe. Kann und darf es das Ziel sein, über das Schicksal von Kindern nur anhand des Umstandes zu entscheiden, welcher Elternteil zuerst den unberechtigten Gewalt- und Missbrauchsvorwurf erhebt?

Sicher nicht.

Gewalt und Missbrauch müssen aufgeklärt werden – schnell und gründlich. Genauso, wie Gewalt und Missbrauch zu Konsequenzen (Zivil- und strafrechtlich) führen müssen, müssen auch falsche und verfahrenstaktische Vorwürfe zivil- und strafrechtlich geahndet werden. Es handelt sich um potenziell existenzvernichtende Vorwürfe und Straftaten. Diese sind geeignet, die Beziehung eines Kindes zum zu Unrecht beschuldigten Elternteil schwer zu schädigen oder zu zerstören.

Solche falschen Vorwürfe von Gewalt und Missbrauch sind keine „perfekte Waffe“, sondern selbst Gewaltformen. Sie sind Gewalt gegen den zu Unrecht beschuldigten Elternteil und auch gegen die involvierten Kinder. Über exemplarische Fälle, auch aus Deutschland, wird auch hier im Blog zukünftig verstärkt berichtet werden.

Problematik in hochstrittigen Fällen

Wenn allein der Missbrauchsvorwurf ausreicht, um einen Umgangsausschluss oder Sorgerechtsentzug zu rechtfertigen, könnten mit solch falschen Vorwürfen als „perfekte Waffe“ Fakten zulasten von Kindern geschaffen werden.

Falsche Gewalt- und Missbrauchsvorwürfe dürfen nicht als "perfekte Waffe" im Trennungsstreit eingesetzt werden
Falsche Gewalt- und Missbrauchsvorwürfe dürfen nicht als „perfekte Waffe“ im Trennungsstreit eingesetzt werden, sondern müssen verfolgt und geahndet werden.

Die perfekte Waffe oder – Zeit schafft Fakten

Allein durch Zeitablauf könnte so die Beziehung zwischen dem Kind und dem beschuldigten Elternteil massiv geschädigt und eine neue Kontinuität geschaffen werden. Dies wäre dann eine „Kontinuität des Missbrauchs“ durch falsche Vorwürfe und Manipulation des Rechtssystems und der Jugendhilfe.

Je häufiger ein solches Verhalten Erfolg hat, desto eher werden auch z.B. Anwälte dazu raten, ein solch missbräuchliches Vorgehen zu praktizieren. Jeder aufgeklärte und geahndete Fall falscher Gewalt- und Missbrauchsvorwürfe ist damit praktisch auch ein präventives Signal. So würde auch das Rechts- und Jugendhilfesystem entlastet werden. Diese hätten dadurch mehr Kapazitäten, um tatsächliche Opfer von Vernachlässigung, Gewalt und Missbrauch zu unterstützen.

Zur Rolle der UN-Sonderberichterstatterin für Gewalt gegen Frauen und Mädchen

Im Herbst 2022 rief die frisch im Amt befindliche UN-Sonderberichterstatterin für Gewalt gegen Frauen und Mädchen international dazu auf, ihr Informationen über Sorgerechtsfälle, Gewalt gegen Frauen und Gewalt gegen Kinder zukommen zu lassen. Insbesondere bezog sie sich hierbei auf Fälle von Eltern-Kind-Entfremdung.

Bereits durch die Art der Fragestellung, welche zahlreiche nachweisbar falschen Argumentationslinien aufwies, war erkennbar, dass es sich hier wohl nicht um eine reine Informationsabfrage im Sinne ihres Amtes handelte. Es ging um politische Lobbyarbeit mit bereits vorgegebenem Ergebnis, was bereits zuvor in ihren Handlungen erkennbar wurde.

Wie andere Organisationen hat auch hochstrittig.org zu den Fragen Stellung genommen. Die Antworten sind nachfolgend dargelegt.

Wer ist die Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen für Gewalt gegen Frauen und Gewalt gegen Mädchen? Reem Al Salem wurde im Juli 2021 zur UN-Sonderberichterstatterin ernannt. Sonderberichterstatter sind externe Experten (keine Mitarbeiter der UN), die sich mit einem Themenbereich auseinandersetzen sollen. Bereits im Dezember 2021 kritisierte sie die Familiengerichtsbarkeit in Spanien wegen einer „großen Anzahl von Fällen“, die ihr von Müttern berichtet worden sein sollen. Hierbei handelte es sich um rund 30 Fälle aus drei Jahren – eine verschwindend kleine Anzahl. Dabei handelt es sich zudem lediglich um Berichte, nicht aber um nachgewiesene Fehlentscheidungen handelte. Kurze Zeit später intervenierte sie dann gegen die brasilianische Gesetzgebung zum Schutz von Kindern vor Parental Alienation. Damit überschritt sie deutlich das ihr übertragene Mandat. Es entsteht immer mehr der Eindruck, dass es hier nicht um Gewaltschutz geht, sondern ganz andere Ziele verfolgt werden.

Stellungnahme von hochstrittig.org zur Anfrage der Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen für Gewalt gegen Frauen und Gewalt gegen Mädchen vom 6. Dezember 2022

Wir begrüßen das Interesse, Fälle von Eltern-Kind-Entfremdung (nachfolgend: Parental Alienation) auch auf Ebene der Vereinten Nationen im wohlverstandenen Interesse einer Situationsverbesserung zu betrachten. Ob die hier gestellten Fragen dieser Zielrichtung gerecht werden können, muss aufgrund des zugrunde liegenden Gender-Bias aber ernsthaft bezweifelt werden.

Parental Alienation beschreibt Verhaltensweisen, welche die Beziehung eines Kindes zu Bezugspersonen negativ beeinflussen und belasten oder zum Abbruch bringen. Diese Verhaltensweisen können sowohl von Mutter oder Vater als auch von weiteren Bezugspersonen des Kindes ausgeübt werden. Anders als die Fragen andeuten, ist Parental Alienation geschlechtsneutral, da es sich um Verhalten handelt.

Zudem kann bei Vorliegen von physischer oder sexualisierter Gewalt oder Missbrauch durch den abgelehnten Elternteil nicht von Parental Alienation gesprochen werden. Gewalt oder Missbrauch können valide Gründe für die Ablehnung eines Kindes gegenüber einem Elternteil sein.

Nicht ausreichend ist hingegen der Vorwurf von Gewalt oder Missbrauch. Dieser Vorwurf kommt in Sorgerechtsfällen leider immer häufiger vor. Insbesondere Alleinerziehenden-Mütterorganisationen wollen erreichen, dass bereits der Vorwurf als Beweis ausreichend sein solle. Dies wäre nicht nur ein Aushebeln rechtsstaatlicher Grundsätze, sondern auch eine „perfekte Waffe“ im Trennungskrieg hochstrittiger Eltern zu Lasten von Kindern.

Menschenrechts- und Kinderrechtswidrige Forderungen

Diese Alleinerziehenden-Mütterorganisationen

  • wenden sich gegen das gemeinsame Sorgerecht von Vätern, welches sich in der Praxis positiv bewährt hat[i]. In Deutschland wurde dies rechtlich 2013 neu geordnet, nachdem der EGMR die bisherige Regelung als menschenrechtswidrig anerkannt hatte.
  • lehnen Modelle gemeinsamer elterlicher Verantwortung, wie das Wechselmodell, ab und streben die Alleinverantwortung der Mutter für das Kind an. Die Bedürfnisse von Kindern nach ihren Vätern werden ebenso ausgeblendet, wie die Tatsache, dass Gewalt auch von Müttern ausgehen kann.
  • beklagen entfremdendes Verhalten von Vätern, auch wenn sie dies unter „Narzissmus“, „Coercive Control“ oder anderen Schlagworten verorten, welche sie als ausschließlich geschlechtsbezogenes männliches Verhalten sehen wollen, obwohl dies ebenfalls geschlechtsunabhängig ist
  • streben in mehreren Ländern ein Beweisverbot von Parental Alienation an. Begründet wird dies damit, dass Gerichte den vorgetragenen Anschuldigungen nicht Glauben schenkten, selbst wenn diese nach entsprechenden Ermittlungen als falsch bewiesen wurden.

Beweisverbot ist keine Lösung

Ein Beweisverbot ist aber nicht der richtige Weg, wie folgender Vergleich zeigt.

Wenn ein Täter des sexuellen Missbrauchs überführt wird, die Entscheidung aber nicht akzeptiert, würde niemand auf die Idee kommen, aus diesem Grund den Tatbestand „sexuellen Missbrauch“ unter Beweisverbot zu stellen. Vielmehr braucht es eine gewissenhafte und qualifizierte Aufklärung, unabhängig von der Einsichtsfähigkeit des Täters.

Es ist zu befürchten, dass im Fahrwasser der berechtigten Diskussion um weibliche Gewaltopfer eine kleine Gruppe von Frauen / Müttern versucht, dieses Leid und Elend der tatsächlichen Opfer auszunutzen, um mütterlichen Missbrauch durch Parental Alienation unsichtbar und straffrei werden zu lassen. Solchen Bestrebungen muss entschieden entgegengetreten werden.

Neben der psychischen Gewalt gegen den entfremdeten Elternteil findet bei Kindern eine doppelte Viktimisierung statt. Sie werden Opfer des ungerechtfertigten Verlusts eines Elternteils. Zugleich werden sie häufig auch Mit-Täter, indem sie einen Elternteil verbal ablehnen (müssen), da sie falsche Informationen erhalten haben oder sich dem Druck der Beeinflussung beugen. Dies führt meist zu lebenslangen psychischen Schäden von Kindern und transgenerationalen Effekten der erneuten Entfremdung. Diesem Teufelskreis muss zum Schutz der Kinder und zukünftiger Generationen frühzeitig Einhalt geboten werden.

Evidenz von Parental Alienation

Anders, als es die Sonderberichterstatterin darstellt, liegt Parental Alienation eine seit mittlerweile über vier Jahrzehnten erforschte Basis und Definition zugrunde:

  • Unbegründete Zurückweisungs- und Verunglimpfungskampagnen
  • Absurde Rationalisierungen
  • Fehlen von normaler Ambivalenz
  • Reflexartige Parteinahme für den beeinflussenden Elternteil
  • Ausweitung der Feindseligkeit auf die gesamte Familie und das Umfeld des abgelehnten Elternteils
  • Das Phänomen der „eigenen Meinung“
  • Verleugnung von Schuldgefühlen über die Grausamkeit gegenüber dem entfremdeten Elternteil
  • Übernahme „geborgter Szenarien

Zudem gibt es spezifische Verhaltensweisen, die bei entfremdenden Elternteilen immer wieder zu beobachten sind,[ii] sowie entsprechende Verfahren zur Abgrenzung von Parental Alienation[iii]. Parental Alienation liegt eine valide wissenschaftliche Basis von mittlerweile über 1.300 wissenschaftlichen Arbeiten zugrunde, vielfach durch Peer-Review-Verfahren abgesichert[iv][v][vi].

Einer medizinischen Definition hingegen bedarf es nicht. Bei Parental Alienation handelt es sich nicht um eine Krankheit. Auch Stalking und Mobbing unterliegen keinen medizinischen, wohl aber strafrechtlichen Definitionen, da es sich um Gewaltformen handelt. Wie bei diesen kann auch entfremdendes Verhalten Reaktionen mit Krankheitswert hervorrufen, wie Beziehungsstörungen, Depressionen, Belastungsstörungen oder Persönlichkeitsstörungen.

Zu den Fragen der UN-Sonderberichtserstatterin

Unabhängig von der berechtigten Kritik am Vorgehen der Sonderberichterstatterin und des abzulehnenden Gender-Bias im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt wird nachfolgend auf die gestellten Fragen eingegangen.

Frage 1: Die verschiedenen Erscheinungsformen oder spezifischen Arten von häuslicher und intimer Partnergewalt, die von Frauen und Kindern erlebt werden, einschließlich der Verwendung von „elterlicher Entfremdung“ und verwandten Konzepten in Sorgerechts- und Umgangsrechtsfällen. Bitte fügen Sie auch eine Beschreibung der verschiedenen Formen von Gewalt, die Mutter und Kind erfahren können, sowie gegebenenfalls eine Beschreibung der grundlegenden Menschenrechtsverletzungen bei.

Häusliche Gewalt findet nicht nur gegen Frauen und Kinder, sondern auch gegen Männer statt. Dunkelfeldstudien haben weltweit immer wieder aufgezeigt, dass häusliche Gewalt zu etwa gleichen Teilen zwischen Männern und Frauen verteilt ist [vii][viii][ix][x]. Die Frage ist unzutreffend verkürzend und blendet insbesondere durch Mütter ausgeübte Gewalt gegen Kinder aus. Dabei kann es sich um körperliche, sexualisierte, psychische oder physische Gewalt handeln. Eine dezidierte Auflistung verschiedener Gewaltformen ist wenig zielführend, da dies in der entsprechenden Fachliteratur umfangreich nachzulesen ist.

Parental Alienation ist eine Form schwerer psychischer Gewalt gegen Kinder, wie auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) mit seiner Entscheidung 23641/17 vom 29.10.2019[xi] bestätigte. Dort wurde Moldawien für nicht ausreichende Maßnahmen zur Verhinderung der Entfremdung des Kindes verurteilt. Geklagt hatte die entfremdete Mutter – auch dies ein deutliches Indiz, dass es sich nicht um ein geschlechtsspezifisches Problem handelt.

Der EGMR hat seine Rechtsprechung in diesem Zusammenhang mittlerweile auch gegenüber anderen Staaten bestätigt (Italien 40910/19 vom 24.06.2021[xii]; Ukraine 12962/19 vom 07.10.2021[xiii] Bulgarien 72059/16 vom 01.02.2022[xiv]). Auch eine Individualbeschwerde zur UN-Kinderrechtskonvention gegen Deutschland beschäftigte sich ausdrücklich mit der Frage von Parental Alienation[xv].

Parental Alienation findet in der Rechtsprechung als Begriff in Deutschland wenig Verwendung. Vielmehr wird das Verhalten von Eltern bewertet, dies kann auch entfremdendes Verhalten sein. In diesem Zusammenhang wird auch immer wieder die Frage der Bindungstoleranz eines Elternteils oder auch einer symbiotischen Bindung zu den Kindern thematisiert, welche eine gesunde Bindungsentwicklung des Kindes beeinflussen.

Bei allen Entscheidungen soll das Wohl des Kindes maßgebend sein. Insofern ist das Verhalten der Eltern und nicht deren Geschlecht zu beurteilen.

Frage 2: Die Faktoren, die für die zunehmende Zahl von Fällen elterlicher Entfremdung bei Sorgerechtsstreitigkeiten und/oder Streitigkeiten, bei denen es um Vorwürfe häuslicher Gewalt und Misshandlung von Frauen geht, verantwortlich sind, und die differenzierten Auswirkungen auf bestimmte Gruppen von Frauen und Kindern.

Es ist keine zunehmende Zahl von Vorwürfen von Parental Alienation zu verzeichnen.

Merkbar ist lediglich, dass von Mütter-Organisationen mittlerweile deutlich militanter in solchen Fällen vorgegangen wird. Hier wird unter Instrumentalisierung von Medien und nachgewiesener Manipulation, mittlerweile auch häufiger unter Zuhilfenahme von Entführungen und Missachtung gerichtlicher Entscheidungen versucht, Kinder von ihren Vätern fernzuhalten.

Trotz des erheblichen Widerstandes gelingt es zunehmend, solche Fälle aufzuklären. Auch die darin verwickelten Institutionen benannt und belangt. Einige Kinder jedoch bleiben dauerhaft verschwunden.

Festzuhalten bleibt, dass sich in Sorgerechtsfällen der Verdacht der Gewalt und des Missbrauchs nur selten anhand von belastbaren Anhaltspunkten oder Beweisen validieren lässt. Viel zu häufig wird er als (existenzvernichtender) unberechtigter Vorwurf erhoben, um sich einen taktischen Vorteil zu verschaffen[xvi][xvii]. Hinzu kommen Fälle eigener kindlicher Traumata von Elternteilen, welche den Vorwurf erheben und selbst glauben, da sie ihre eigenen Erlebnisse aus ihrer Kindheit nicht von der erlebten Realität trennen können.

Der Vorwurf von Parental Alienation erweist sich aus unserer Erfahrung hingegen in familiengerichtlichen Verfahren weder als Vor- noch als Nachteil. Dies mag dadurch zu erklären sein, dass entfremdende Verhaltensweisen bei Eltern und Kindern, anders als bei anderen, zurückliegenden Gewaltformen, recht deutlich im Verlauf eines Verfahrens erkannt und bewertet werden können.

Für Familiengerichte und Jugendämter stellt die Vielzahl der möglichen Ursachen eine große Herausforderung dar, um eine valide Entscheidungsgrundlage zu erhalten. Das Wissen um Parental Alienation, deren Erscheinungsformen und Folgeschäden ist dabei leider weiterhin nur gering ausgeprägt.

Frage 3: Die Art und Weise, in der verschiedene Gruppen von Frauen und Kindern dieses Phänomen aufgrund von sich überschneidenden Elementen wie Alter, Geschlecht, Rasse, ethnischer Zugehörigkeit, rechtmäßigem Wohnsitz, religiöser oder politischer Überzeugung oder anderen Erwägungen unterschiedlich erleben, und die Faktoren, die zu diesen Situationen beitragen.

Meist wird Parental Alienation bei getrennten Eltern beobachtet. Es gibt dabei keine Unterschiede nach Geschlecht, Hautfarbe, Alter, Herkunft oder sonstigen Faktoren, wie auch aktuelle Studien belegen[xviii]. Es sind Verhaltensweisen, die in allen Schichten, Geschlechtern etc. vorkommen können.

Frage 4: Die Rolle von Fachleuten, einschließlich Sozialarbeitern, Kinderschutzdiensten, Vormündern ad-litem, Psychologen, Psychiatern, und wie sie als Sachverständige in irgendeiner Weise geregelt sind.

Für das Kindeswohl gibt es in Deutschland zwei Behörden, die den verfassungsgemäßen Schutzauftrag unabhängig voneinander und mit eigenen Aufgaben ausüben: Das Familiengericht und das Jugendamt. Für das Kind gibt es einen eigenen Verfahrensbeistand, der die Interessen des Kindes ins Verfahren einbringen soll. In komplexen Fällen gibt es die Möglichkeit, dass Gerichte Gutachter hinzuziehen, welche als Ermittlungsorgan des Gerichtes ihre Fachexpertise einbringen.

Insgesamt wäre zu begrüßen, dass die Qualitätsanforderungen an alle beteiligten Fachkräfte deutlich heraufgesetzt und Aus- und Fortbildung verbessert werden. Während das multidisziplinäre Grundkonstrukt von Verfahren im Sorge- und Umgangsrecht durchaus zielführend ist, ist es die Qualität der diese Funktionen ausübenden Personen leider häufig nicht.

Frage 5: Die Folgen der Nichtberücksichtigung der Vorgeschichte von häuslicher Gewalt und Missbrauch und Gewalt in der Partnerschaft bzw. der Bestrafung solcher Anschuldigungen in Sorgerechtsfällen für die Menschenrechte sowohl der Mutter als auch des Kindes sowie die Wechselbeziehung zwischen diesen Rechten.

Es gibt keine Anzeichen, dass eine Vorgeschichte von Gewalt oder Missbrauch nicht beachtet werden würde. Im Gegenteil zeigen aktuelle Untersuchungen, dass in nahezu allen Fällen nachgewiesener Gewalt dies auch zu Konsequenzen im Sorge- und Umgangsrecht führt[xix].

Aus unserer Erfahrung wird eher falschen Beschuldigungen zu schnell geglaubt und damit Kinder häufig psychischem Missbrauch im Trennungsstreit der Eltern ausgeliefert. Falschbeschuldigungen werden strafrechtlich nahezu nie verfolgt, was zu einer Zunahme solcher Falschbeschuldigungen geführt haben könnte.

Frage 6: Die Herausforderungen bei der Erhebung aufgeschlüsselter Daten über die gerichtliche Praxis in Sorgerechtsfällen, die Bereiche/Sektoren, für die es besonders viele Daten gibt, und die Gründe für diese Herausforderungen.

Seitens des Staates erfolgt keine systematische Erhebung aufgeschlüsselter Daten.

Frage 7: Bewährte Praktiken und Strategien, die von verschiedenen staatlichen oder nichtstaatlichen Akteuren auf lokaler, nationaler, regionaler oder internationaler Ebene angewandt werden, um die gebührende Berücksichtigung von häuslicher und familiärer Gewalt, einschließlich der Gewalt gegen Frauen in Paarbeziehungen und der Misshandlung von Kindern, bei der Festlegung des Sorgerechts sowie bei der Bereitstellung von Rechtsbehelfen und Wiedergutmachungsmaßnahmen für Opfer/Überlebende zu verbessern.

Wie unter 5. ausgeführt, gibt es keine Anzeichen für eine unzureichende Berücksichtigung der Vorgeschichte von Gewalt und Missbrauch. Für Frauen existiert ein umfangreiches, staatlich finanziertes Hilfesystem mit Beratungsstellen, Frauenhäusern und Hilfetelefonen.

Geschlechterspezifische Stereotype und Diskriminierungen bestehen vor allem gegenüber Männern und Vätern. Für sie gibt es nahezu keine staatlichen Hilfesysteme zum Schutz vor Gewalt. In Bezug auf ihre Rolle in der Familie bestehen noch erhebliche, auch kulturell geprägte, Vorurteile.

Wünschenswert wäre eine Betrachtung dieser Umstände durch den UN-Sonderbeauftragten für Gewalt gegen Männer und Väter, den es bedauerlicherweise nicht gibt.

Frage 8: Empfehlungen zur Verhinderung der unzureichenden Berücksichtigung einer Vorgeschichte von häuslicher Gewalt und Missbrauch sowie von Geschlechterstereotypen in Sorgerechtsfällen, um die Menschenrechte von Müttern und ihren Kindern wiederherzustellen und sicherzustellen, dass Überlebende/Opfer wirksam geschützt und unterstützt werden.

Es sollte verstärkt multidisziplinär zusammengearbeitet werden. Insbesondere ist auf eine hohe, spezifische Qualifikation aller Beteiligten sowohl zu Familiendynamiken, Gesprächsführung, erlittenen Traumata als auch zu Gewaltformen, inkl. Parental Alienation, hinzuwirken.

Abschlussbemerkung

Das Vorgehen der Sonderberichterstatterin zum Thema Parental Alienation begegnet insgesamt erheblichen Bedenken. Es weckt den Verdacht, dass hier nicht im Sinne der Vereinten Nationen gehandelt wird. Vielmehr scheint mit deren Namen weltweite Lobbyarbeit zur Schädigung von Kindern betrieben werden, welche bereits den Eindruck einer Kampagne erkennen lässt. Das Vorgehen gegenüber Spanien[xx] und Brasilien[xxi] stärkt diesen Verdacht. Es dürfte ein nahezu einmaliger Vorgang sein, dass eine Sonderberichterstatterin aktiv in die Politik eines Landes eingreifen möchte.

Die vorliegende Anfrage, welche abseits des Titels wenig mit Gewalt gegen Frauen und Kindern zu tun hat, scheint lediglich ein weiterer Schritt im Feldzug zu sein, den Schutz von Kindern vor Parental Alienation auszuhebeln – aller Rechtsprechung auch und wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Trotz.

Es bleibt zu hoffen, dass die Vereinten Nationen die Vorgänge überprüfen und sich nicht instrumentalisieren lassen.

Referenzen


[i] Bundesministerium der Justiz und Verbraucherschutz, Bericht über die Evaluation des Gesetzes zur Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern, https://www.bmj.de/SharedDocs/Downloads/DE/Service/Fachpublikationen/Evaluierung_Sorgerechtsreform.pdf?__blob=publicationFile&v=1

[ii] Beyond the High Road: Responding to 17 Parental Alienation Strategies without Compromising Your Morals or Harming Your Child. Amy Baker & Paul Fine, May 2008 https://www.researchgate.net/profile/Amy-Baker-2/publication/265450917_Beyond_the_High_Road_Responding_to_17_Parental_Alienation_Strategies_without_Compromising_Your_Morals_or_Harming_Your_Child/links/56a8b07e08ae0fd8b4000ead/Beyond-the-High-Road-Responding-to-17-Parental-Alienation-Strategies-without-Compromising-Your-Morals-or-Harming-Your-Child.pdf

[iii] Bernet, William (2020) The Five-Factor-Model for the Diagnosis of Parental Alienation, https://www.familyaccessfightingforchildrensrights.com/uploads/2/6/5/0/26505602/bernet_2020_five-factor_model_feedback__1_.pdf

[iv] Vanderbilt University Medical Center, Parental Alienation Data Base, https://ckm.vumc.org/pasg/

[v] Cedervall, Björn, Parental Alienation in Peer Reviewed Journals https://pasg.info/app/uploads/2020/04/Cedervall-2020-04-Bibliography.pdf

[vi] Jennifer Harman, Mandy L. Matthewson, Amy Baker, 2021, Losses experienced by children alienated from a parent, https://doi.org/10.1016/j.copsyc.2021.05.002

[vii] CDC National Intimate Partner and Sexual Violence Survey (2010) https://www.cdc.gov/ViolencePrevention/pdf/NISVS_Executive_Summary-a.pdf?c=TW&d=201502245

[viii] Körperliche und psychische Gewalterfahrung in der deutschen Erwachsenen-Bevölkerung, https://edoc.rki.de/handle/176904/1504

[ix] Bock, Michael (2003) Häusliche Gewalt – ein Problemaufriss aus kriminologischer Sicht

[x] Straus, Murray; Scott, Katreena (2009) Gender symmetry in partner violence: The evidence, the denial, and the implications for primary prevention and treatment, https://www.researchgate.net/publication/228350210_Gender_symmetry_in_partner_violence_The_evidence_the_denial_and_the_implications_for_primary_prevention_and_treatment

[xi] https://hudoc.echr.coe.int/eng#{%22itemid%22:[%22001-197214%22]}

[xii] https://hudoc.echr.coe.int/fre#{%22itemid%22:[%22001-210468%22]}

[xiii] https://hudoc.echr.coe.int/eng#{%22itemid%22:[%22001-212050%22]}

[xiv] https://hudoc.echr.coe.int/eng#{%22itemid%22:[%22001-215347%22]}

[xv]CRC/C/87/D/75/2019 https://documents-dds-ny.un.org/doc/UNDOC/GEN/G21/178/26/PDF/G2117826.pdf?OpenElement

[xvi] MacKay, Tommy (2014) False allegations of child abuse in contested family law cases: The implications for psychological practice, www.researchgate.net/publication/265346094_False_allegations_of_child_abuse_in_contested_family_law_cases_The_implications_for_psychological_practice?enrichId=rgreq-063952d26368c1c8625774a7c6bb4e22-XXX&enrichSource=Y292ZXJQYWdlOzI2NTM0NjA5NDtBUzoyMjQwOTQ1MDgzMjY5MTdAMTQzMDQzOTcwMjc1Ng%3D%3D&el=1_x_2&_esc=publicationCoverPdf

[xvii] Busse, Detlef; Steller, Max; Volbert, Renate (2000) Sexueller Missbrauchsverdacht in familiengerichtlichen Verfahren, Praxis der Rechtspsychologie 10

[xviii] Harman, Jennifer; Lorandos, Demosthenes (2020) Allegations of Family Violence in Court: How Parental Alienation Affects Judicial Outcomes, American Psychology Association, http://dx.doi.org/10.1037/law0000301

[xix] Meysen, Thomas (2021) Kindschaftssachen und häusliche Gewalt – Umgang, elterliche Sorge, Kindeswohlgefährdung, Familienverfahrensrecht; SOCLES International Centre for Socio-Legal Studies

[xx] 09.11.2021: Spanish courts must protect children from domestic violence and sexual abuse, say UN experts https://www.ohchr.org/en/press-releases/2022/01/spanish-courts-must-protect-children-domestic-violence-and-sexual-abuse-say

[xxi] 04.11.2022 Brazil: UN experts urge new government to target violence against woman and girls, repeal parental alienation law https://www.ohchr.org/en/statements/2022/11/brazil-un-experts-urge-new-government-target-violence-against-women-and-girls

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