Die Medien sind dieser Tage wieder einmal gefüllt vom Sorgerechtsstreit zwischen der Steakhaus-Erbin Christina Block und ihrem Ex-Mann Stephan Hensel. Das der Fall überhaupt so eskalieren konnte, liegt an einem Grundproblem im Familienrecht. Der Staat hat dort sein Gewaltmonopol schon lange aufgegeben. Der Selbstjustiz und Verfügungsgewalt über Kinder wurde schon lange das Feld überlassen. Verwunderlich ist eher, dass bisher nicht noch öfter zu solchen Mitteln gegriffen wird.
Der Fall Block / Hensel ist bei weitem kein Einzelfall. Aufgrund der umfangreichen, öffentlich bekannten, Informationen eignet er sich aber zur Darstellung der grundsätzlichen Probleme hochstrittiger Fälle. Diese ließen sich leicht beseitigen, wenn der Staat und seine Organe ihre Aufgaben wahrnehmen würden.
Mehrfacher Ausfall des staatlichen Gewaltmonopols
Im Fall Block / Hensel gab es nach der Trennung 2014 und Scheidung 2018 eine Umgangsregelung zwischen den Eltern. Die älteste Tochter lebte wohl auf eigenen Wunsch beim Vater. Die beiden jüngsten Kinder fuhren alle 14 Tage zu ihrem Vater ins benachbarte Dänemark. Die Regelung funktioniere dem Vernehmen nach problemlos und zuverlässig bis August 2021.
- Von dieser Regelung wich der Vater ab, indem er die Kinder absprachewidrig bei sich in Dänemark behielt. Soweit bekannt, hatte die Mutter die Wahl, das eigenmächtige Verhalten des Vaters hinzunehmen oder rechtliche Schritte einzuleiten.
Letzteres tat sie dann auch und der Rechtsstaat reagierte wie üblich. Es wurde eine Akte angelegt, es wurden Stellungnahmen angefordert, es wurde verwaltet. Noch 2021 wurde entschieden, dass der Vater die Kinder an die Mutter herauszugeben habe. In Dänemark wurde der Beschluss jedoch nicht vollstreckt. Im Juli 2022 soll das Hamburger Jugendamt dem Vater „bewusstes Entfremden der Kinder zur Kindesmutter“ vorgeworfen haben.
Christina Block erhielt von einem deutschen Oberlandesgericht das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht zugesprochen.
2. Die Entscheidung interessierte den Vater jedoch nicht. Er brachte die Kinder auch nicht zu Anhörungen. Nachdem er sich eigenmächtig über die Vereinbarung zwischen den Eltern hinweggesetzt hat, setzte er sich auch über gerichtliche Anordnungen und Entscheidungen hinweg.
In Dänemark, welches aufgrund seines besonderen rechtlichen Status leider eine Oase für kindesentziehende Elternteile ist, wurde Mitte Februar 2023 zumindest angeordnet, dass die Mutter regelmäßig begleitete Kontakte zu ihren Kindern haben soll, bis alle Umstände geklärt sind.
3. Auch daran hielt sich der Vater, nach den aus den Medien zu entnehmenden Berichten, nicht. Er verfolgte sein Ziel, den Kontakt zwischen der Mutter und den Kindern zu verhindern, unbeirrt und ohne negative Konsequenzen für ihn weiter.
Was passiert, wenn der Staat seine Aufgaben nicht wahrnimmt
Der mit Stand 04.01.2024 vorläufig letzte Akt, in dem die Kinder in einer Nacht- und Nebel-Aktion von einem von wem auch immer beauftragten Privat-Kommando gepackt und nach Deutschland zur Mutter gebracht wurden. Es ist letztlich eine nachvollziehbare Folge der bisherigen Tatenlosigkeit staatlicher Institutionen. Es bedeutete jedoch nicht, dass ein solches Verhalten gebilligt oder gutgeheißen werden soll. Nur was wäre die Alternative gewesen?
Wenn Eltern sich über die Rechtsordnung stellen – passiert nichts
Der Vater hat mindestens an den drei oben aufgezeigten Punkten bewiesen, dass er sich an Absprachen und Entscheidungen, selbst von Gerichten, nicht hält. Die Mutter hat die Hilfe des Rechtsstaates in Anspruch genommen, gegen dessen Regeln der Vater verstieß.
Der Rechtsstaat traf auch Entscheidungen zu Gunsten der Mutter. Er traf aber keinerlei Maßnahmen, diesen Entscheidungen auch zur Umsetzung zu verhelfen. Die Entscheidungen waren so nicht das Papier wert, auf dem sie gedruckt waren. Solche Untätigkeit bzw. Unfähigkeit eines Rechtsstaates führt zur Selbstjustiz.
Es fehlt nicht an den Möglichkeiten, nur an der Durchsetzung
Der Vater hat für sich in Anspruch genommen, Verfügungsgewalt über die Kinder auszuüben. Gewalt gegen Kinder ist weder tolerabel noch rechtlich zulässig §1631 (2) BGB. Das Gewaltmonopol steht ausschließlich dem Staat zu. Bei einem Verstoß gegen eine Umgangsregelung können bis zu 25.000 EUR, ersatzweise bis zu 6 Monaten Haft, als Ordnungsmittel angeordnet werden §89 FamFG. Der §225 Strafgesetzbuch (StGB) sieht bei Misshandlung von Schutzbefohlenen Haftstrafen von sechs Monaten bis zu 10 Jahren vor. Bis zu fünf Jahren Haft drohen nach §235 StGB bei Entziehung Minderjähriger (auch wenn es hier noch gesetzgeberischen Nachbesserungsbedarf gibt).
Dies nur als kleine, nicht vollständige, Auflistung von Möglichkeiten, welche bereits heute vorhanden sind. Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat schon mehrfach entschieden, dass die Mitgliedsstaaten schnell und entschieden gegen eine Entfremdung von Eltern und Kindern einzugreifen haben. Dies gilt folglich auch für Dänische Gerichte (siehe u.a. Pisica ./. Moladwien, Pavlovi ./. Bulgarien, A.T. ./. Italien, Vykhovanok ./. Ukraine)
Es mangels also nicht an Möglichkeiten, einem Elternteil, der sich nicht nur über Recht und Gesetz, sondern vor allem auch über die Interessen des anderen Elternteils und der gemeinsamen Kinder hinwegsetzt, Grenzen zu setzen. Die Möglichkeiten werden nur nicht genutzt.
Auch im Fall Block / Hensel geschah nichts. Genauso wie in vielen anderen Fällen, die es nicht in die Boulevardpresse schaffen. Der Staat hat sein Gewaltmonopol aufgegeben.
Verfügungsgewalt ausübende Elternteile werden zu oft von staatlichen Institutionen geschützt
Schlimmer noch. Er unterstützt häufig diejenigen, welche gegen Gesetze und Vereinbarungen verstoßen. Durch Zeitablauf werden Fakten geschaffen. Der widerrechtlich handelnde Elternteil beruft sich dann auf (ertrotzte) Kontinuität oder auf einen in der Zwischenzeit derart manipulierten Kindeswillen, dass das Kind selbst seinen zuvor geliebten Elternteil ablehnt. Und einige Verfahren erledigen sich von selbst. Weil entweder das Kind in der Zwischenzeit volljährig wird oder aber der andere Elternteil kapituliert.
- Im Fall Claudia A. (OLG Hamm II-3 UF 70/20 vom 12.08.2021) hat die Mutter den Kontakt zwischen Vater und Tochter seit 2014 be- und verhindert. Rund sieben Jahre später entschied das OLG, dass das Kind bei der Mutter verbleiben müsse. In seinem Beschluss stellte das Gericht zwar ausdrücklich fest, dass das Wohl des Kindes bei der Mutter gefährdet wäre. Man hätte ihren Eskalationen jedoch nichts entgegenzusetzen. „Es sind auch keine Mittel ersichtlich, wie die Intervention der Kindesmutter und ihres Netzwerkes, für die offenbar der Zweck jedes Mittel heiligt, beendet werden können“. Der Rechtsstaat kapitulierte und überließ der Mutter das Gewaltmonopol. Der Vater hatte nach sieben Jahren aufgegeben.
- Der Fall war die Blaupause für die weiteren Fälle, welche wir in unseren Faktenchecks dokumentiert haben und in denen dieselben Netzwerke auch weitethin aktiv den Rechtsstaat auszuhöhlen versuchen.
Wenn Selbstjustiz den rechtsstaatlichen Zustand wiederherstellen muss
So dramatisch der Fall Block / Hensel und die jetzt – rechtlich wohl unzutreffend – als Entführung der Kinder bezeichnete Tat auch ist. Unterm Strich wurde dadurch wohl nur der Zustand hergestellt, den das Oberlandesgericht beschlossen hat.
Oder um es noch deutlich zu sagen: hier haben Dritte die Aufgabe übernommen, die eigentlich dem staatlichen Machtmonopol obliegen würde. Eines Machtmonopols, welches sowohl der deutsche als auch der dänische Staat scheinbar aufgegeben haben.
Dieser Fall ist ein plakatives Beispiel für Fälle, die dann später als „hochstrittig“ bezeichnet werden. Die Bezeichnung ist aus meiner Sicht in diesem und auch vielen anderen Fällen unzutreffend.
Denn Ursache ist ein Elternteil, welcher sich nicht an elterliche Verantwortung, Absprachen, Ratschläge oder selbst gerichtliche Anordnungen oder Entscheidungen hält. Es ist zum Scheitern verurteilt, wenn solchen Eltern lediglich mit Appellen, Bürokratie und Verwaltungsakten begegnet wird.
Es ist verantwortungslos und eines Rechtsstaates unwürdig, von dem Elternteil, welcher sich an Absprachen und Recht und Gesetz hält und kindeswohlorientiert handelt, zu verlangen, seine Kinder aufzugeben und widerrechtliches Handeln – zum Schaden der Kinder und unter Missachtung von Grund- und Menschenrechten – schweigend und demütig hinzunehmen.
Markus Witt, hochstrittig.org
Stärkung der Exekutive, Entzug der Verfügungsgewalt
Was es braucht, ist eine wirksame Exekutive, welche die schnellen Entscheidungen der Judikative wirkungsvoll umsetzt und Kinder vor fortgesetzter Verfügungsgewalt schützt.
Dies kann am Fall Block / Hensel und der zuvor genannten drei Punkte einfach erläutert werden.
Konsequent und schnell handeln
- Der Vater bringt die Kinder nach dem vereinbarten Umgang nicht zurück. Die Mutter meldet dies dem Gericht. Das Gericht erlässt eine Anordnung, dass die Kinder wieder an die Mutter herauszugeben sind. Dem Vater wird die sich widerrechtlich angeeignete Verfügungsgewalt entzogen.
Mit dieser Anordnung steht die Polizei vor der Tür des Vaters. Dieser hat dann die Alternative, die Kinder freiwillig herauszugeben oder in Gewahrsam genommen zu werden, so dass die Kinder dann zurückgeführt werden können.
Für die Kosten des Einsatzes hat er aufzukommen, ebenso für Strafe und Schadenersatz. Es ist zeitnah zu prüfen, ob er einsichtig ist oder ob er sich auch in Zukunft als nicht geeignet erweist, die elterliche Sorge verantwortungsvoll auszuüben. - Der Vater bringt die Kinder nicht zur gerichtlich angeordneten Anhörung – gleiches Procedere wie unter 1.)
- Die Kinder haben ihren Aufenthalt (vorläufig aufgrund der Entscheidung der dänischen Gerichte) beim Vater. Er lässt die vereinbarten Kontakte zur Mutter nicht zu. Es gibt eine einmalige Androhung (innerhalb von ein, zwei Tagen) sowohl zur Verhängung von Ordnungsmitteln als auch des Entzuges der Verfügungsgewalt. Kommt der Elternteil dem nicht nach und übt weiterhin seine Verfügungsgewalt aus, werden die Kinder zum Schutz vor den Folgen der fortgesetzten Verfügungsgewalt aus seinem Haushalt genommen. Sofern möglich, wird die Betreuung durch den anderen Elternteil gesichert.
Gegen ein solches Vorgehen wird es viel Widerspruch geben. Der vermeintlich gravierendste: dies sei belastend für die Kinder. Übersehen wird dabei, dass bereits das Fehlverhalten, in dem Fall des Vaters, eine massive Belastung und Schädigung für die Kinder darstellt. Es ist nichts anderes als eine Form von Gewalt. Diesem nicht Einhalt zu gebieten macht staatliche Organe zu Mittätern am fortgesetzten Missbrauch an Kindern.
Vorgaben des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte werden zu oft missachtet
Im Fall Block / Hensel kommen die unterschiedliche Staaten und die Nichtanerkennung des Haager Abkommens durch Dänemark erschwerend hinzu. Aber Kinderschutz darf nicht an Grenzen scheitern. Und wie eingangs bereits beschrieben, hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bereits klare Richtlinien gesetzt, wie in solchen Fällen vorzugehen ist. Leider werden auch diese verbindlichen Vorgaben des EGMR von den Staaten, auch Deutschland, immer wieder ignoriert.
Die oben skizzierten Maßnahmen sollen eine grundlegende Richtung vorgeben. Eine Richtung, die natürlich Anpassungen an den Einzelfall braucht, die aber den Umfang eines solchen Artikels sprengen würden. Hier wäre ein Diskussionsforum angebracht. Die Fragen dürfen dort nicht lauten, „was geht nicht“, sondern „wie machen wir es möglich“.
Kapitulation ist keine Lösung
Der Staat steht vor einer grundsätzlichen Entscheidung.
Entweder er kapituliert vor der Eigenmacht von Eltern, wie bisher schon viel zu häufig. Es wird sich zunehmend das Recht des stärkeren und auch des gegenüber den Kindern rücksichtsloseren durchsetzen. Diese bereits heute bestehende Kapitulation des Rechtsstaates hat weder mit „Kindeswohl“ noch mit „Kinderschutz“ etwas zu tun. Und es schwächt das Vertrauen der Bürger, dass der Staat in der Lage ist, seine Familie zu schützen. Ohne Selbstjustiz über zu müssen.
Oder aber der Staat erobert sich sein Gewaltmonopol zurück und setzt dies auch konsequent um. Dafür müssen Anordnungen schnell und nachdrücklich getroffen und dann vor allem auch umgesetzt werden. Eltern muss klar sein, dass die rücksichtslose Ausübung von Verfügungsgewalt gegenüber ihren Kindern und dem anderen Elternteil nicht toleriert und für sie zu negativen Konsequenzen führen wird.
Noch wichtiger als der Einzelfall ist die Präventivwirkung.
Heute ist allgemein bekannt, dass die Ausübung von Verfügungsgewalt in den meisten Fällen ohne negative Folgen bleibt. Meist wird dies sogar mit mehr Betreuungszeit, alleinigem Sorgerecht und vollem Unterhaltsanspruch belohnt. Eskalation und die Ausübung von Verfügungsgewalt lohnt sich, weshalb dieses „Erfolgsmodell“ nicht nur im Fall Block / Hensel angewandt wird und für einige Anwälte und Interessengruppen zum Geschäftsmodell avanciert ist.
Sobald Eltern aber die Gewissheit haben, dass bei Ausübung von Verfügungsgewalt das staatliche Gewaltmonopol verteidigt wird, Ordnungsgelder, Strafen, Reduzierung der Betreuungszeit und Verlust des Sorgerechtes drohen, haben Eltern eine eigene Motivation, kindgerecht und gegenüber dem anderen Elternteil kooperativ zu handeln. Und diejenigen, die dies aus nicht objektiv nachvollziehbaren Gründen nicht wollen oder können, müssten dann die Konsequenzen ihres Handelns hinnehmen.
Das Wichtigste aber: die Kinder wären vor einem solchen Verhalten geschützt.
Erobert sich der Staat sein Gewaltmonopol zurück?
Das Bundesjustizministerium hat vor einigen Tagen angekündigt, in Kürze Vorschläge zur Reform auch des Umgangsrechtes vorlegen zu wollen. Dann wird sich zeigen, ob der Staat gewillt ist, sich sein Gewaltmonopol zurück zu erobern und Kinder zu schützen – oder ob er weiterhin kapituliert.
Auch Absprachen zum Unterhalt beeinhaltet es! Doch geahndet wird nichts, weil das Kind es ja nicht will! Der Kindeswille über Abmachungen. Hier darf wohl jeder machen, was er will. Der Burner ist, geklagt zu haben, diese dann zurückziehen zu müssen, weil das Kind sich davon „belastet fühlt“. Welch verdrehte Welt, in der jede macht, was er will! Schützt die Kinder!
Lieber Markus Witt,
vielen Dank für diesen Artikel. Wichtig wäre, dass der Rechtsstaat endlich Flagge zeigt und dem gesetzeswidrigen Verhalten solcher Elternteile, die sich gegen Gesetz und Recht widersetzen, mit allem Nachdruck entgegen zu treten und zu wirken. Wenn es sich in den Kreisen der entfremdenen Elternteile und deren Beratungsnetzwerken rumspricht, dass es nach hinten losgeht, das Kindeswohl zu schädigen, gibt es die (leise) Hoffnung, dass ein solches Verhalten mit der Zeit weniger wird. Das wäre das Beste, was der Gesellschaft, den Eltern und insbesondere den betroffenen Kindern passieren kann. Es wäre der Beginn vom Ende dieser perfiden Gewaltspirale.
Viele Grüße aus München.
Sehr geehrter Herr Witt,
Ihre Position kann ich nur teilweise nachvollziehen, insbesondere die aus meiner Sicht sehr einseitige Parteinahme für Frau Block, die offensichtlich vor extremer Gewaltanwendung im Rahmen von Selbstjustiz nicht zurückschreckt. Das Niederschlagen des Vaters vor den Augen der eigenen Kinder wird sich auf die Kinder auswirken. Der Sohn hat offenbar den Alarmknopf, den ihm die dänische Polizei zukommen lies gedrückt. Die Kinder sind folglich offensichtlich nicht freiwillig nach Deutschland zur Mutter gereist, sondern sie wurden laut Bericht der dänischen Polizei von 8 maskierten Männern ins Auto gezwungen. Hier ist im allgemeinen Sprachgebrauch der Begriff der „Entführung“ schon zutreffend. Ob dies juristisch so zu werten sein wird, steht auf einem anderen Blatt. Die Mutter hat nach den einschlägigen Pressemitteilungen inzwischen gestanden, die gewaltsame Kindesrückführung beauftragt zu haben. Die deutschen Behörden weigern sich aus für mich bisher nicht nachvollziehbaren Gründen einen europäischen Haftbefehl aus Dänemark zu vollstrecken. Warum?
Ich stimme Ihnen vollends zu, dass das Gewaltmonopol nur beim Staat liegen kann. Ich stimme Ihnen ebenfalls zu, dass durch gerichtliche und behördliche Untätigkeit die Selbstjustiz gefördert wird.
Aber ich widerspreche entschieden Ihrer Schlussfolgerung im vorliegenden Fall. Der Vater hatte nach meiner bisherigen Kenntnis niemals Gewalt angewendet.Er hat sich vielmehr auf das dänische Recht berufen und befand sich im Einklang mit der dänischen Rechtsordnung. Die Mutter hingegen schon, da sie die Kinder nach Auffassung der dänischen Behörden geschlagen hatte. Das deutsche OLG sah hierin nur „erzieherische Maßnahmen“. Ich muss betonen, dass ich im vorliegenden Fall nicht über genügend Wissen verfüge, sondern nur über die allgemein zugänglichen Quellen. Allerdings hat die Mutter durch die Einräumung Ihrer Beteiligung als Auftraggeberin der letztlich gewaltsamen und höchst verstörenden Rückführung/Entführung sich als gewaltbereit gezeigt. Sie ist es, die die Grenzen des Rechtstaates nicht akzeptiert und letztlich zur Selbstjustiz greift.
Wenn wir es mit dem Rechtstaat ernst meinen, dann darf Frau Block mit diesem Verhalten nicht durchkommen.
PS: Als überzeugter Europäer kann ich auch nicht erkennen, warum die Staatsanwaltschaft Hamburg einen Europäischen Haftbefehl nicht vollstreckt. Gilt das europäische Recht nur für uns Deutsche, wenn es uns passt?
Wie auch im Artikel beschrieben, kann auch ich eine solche Aktion nicht gutheißen. Die von Ihnen beschriebene Rechtstreue des Vaters lässt sich den bisherigen Erkenntnissen jedoch auch nicht entnehmen, von elterlicher Verantwortung einmal ganz zu schweigen. Mir liegt es fern, in einer solchen Situation Partei für den einen oder den anderen Elternteil zu ergreifen, sondern ich beziehe mich auf verfügbare Quellen und Fakten. Und ich versuche, die entstandene Dynamik darzulegen. Eine Dynamik, derer schon deutlich früher und schneller hätte Einhalt geboten werden müssen, nämlich unmittelbar, nachdem der Vater die Kinder nicht vereinbarungsgemäß zur Mutter zurückgebracht hatte. Diesem Fehlverhalten folgten weitere und die staatlichen Organe sahen – verwaltend statt handelnd – zu. Wäre rechtzeitig gehandelt worden, wäre es zu dieser Wahnsinn-Aktion an Sylvester nie gekommen.
Zum europäischen Haftbefehl sollten wir die Beurteilung den Juristen überlassen. Grundsätzlich müsste aus meiner Kenntnis dafür aber feststehen, dass Frau Block selbst sich strafbar gemacht hat und nicht ein Dritter Auftraggeber der Täter war. Hier werden die Behörden wohl noch zu ermitteln haben. Mindestens ebenso unverständlich dürfte dann Ihnen und mir sein, weshalb Dänemark die deutsche Entscheidung auf Herausgabe der Kinder nicht umsetzte. Den Grund dafür kennen wir, Dänemark hat die entsprechende Verordnung nicht unterzeichnet. Europäisches und internationales Recht gilt – leider – nicht überall zu gleichen Teilen. Den Kindern wäre eine entsprechende Rechtssicherheit zu wünschen.
Wir sind uns einig darin, dass die staatlichen Institutionen im vorliegenden Fall zu langsam und vor allem widersprüchlich gehandelt und geurteilt haben. Offensichtlich beurteilen die Dänen den Vorgang anders als die deutsche Justiz.
Dadurch geht gesellschaftliche Aktzeptanz verloren.
Nach den neuesten Presseberichten ist wohl davon auszugehen, dass Frau Block gegenüber der Staatsanwaltschaft wohl zugegeben hat, dass sie die Auftraggeberin dieser verstörenden Aktion war.
Ich habe meine Zweifel, dass im vorliegenden Fall -weder beim Vater noch der Mutter – das Kindeswohl im Vordergrund der Erwägungen steht. Letztlich wird sich dies nur schwer juristisch regeln lassen. Das Kindeswohl erfordert meiner Meinung nach zunächst mal die Einsicht der Eltern – vor allem in ihr eigenes Verhalten. Vor diesem Hintergrund hätte auch der Vater zu einem früheren Zeitpunkt auf Ausgleich bedacht sein sollen. – Ich muss noch einmal betonen, das mir nur die öffentlich zugänglichen Informationen bekannt sind und meine Schlussfolgerungen deshalb fehlerhaft sein mögen.
PS: Ein europ. Haftbefehl wird regelmäßig durch den ausliefernden Staat nur formal geprüft. Der Sinn ist, dass die eigentliche Strafverfolgung dann im europäischen Ausland stattfindet. Das ist auch in Ordnung, weil wir es in Europa regelmäßig mit vergleichbaren rechtsstaatlichen Rechtsordnungen zu tun haben. Jetzt boykottieren wir als Deutsche dieses System, ohne das die Pressestelle der Staatsanwaltschaft Hamburg nachvollziehbar erläutert, warum sie hier von allen üblichen Standards abweicht.
Das Verfahren ist daher geeignet, das Vertrauen in den deutschen Rechtsstaat zu beschädigen.
Möglicherweise würde der Fall anders beurteilt, wenn ein (ausl.) Vater zur Selbstjustiz gegriffen hätte. Im deutschen Familienrecht kann schon mal der Einstuck entstehen, dass Väter nur Eltern zweiter Klasse sind. Von rechtlicher und gerichtlicher Gleichberechtigung sind wir nach meinem Eindruck noch weit entfernt.
Es gab in den 90er Jahren einen ähnlichen Fall, der leider in Vergessenheit geraten ist (Fall um Baroness Meyer). Eine geschiedene englische Mutter schickte ihre beiden Kinder nach Deutschland zu ihrem Vater in den Urlaub. Dieser behielt die Kinder bei sich. Auch damals gab es einen englischen Beschluss der Kindesrückführung nach dem Haagener Abkommen, der nie vollstreckt wurde. Der Vater entfremdete mit seiner Familie die beiden Kinder, spielte auf Zeit und die Mutter hatte trotz einem Aufgebot an Anwälten keine Chance.
Durch einen glücklichen Zufall lernte sie den englischen Botschafter in Bonn kennen, mit dem sie anschließend 5 Jahre als Botschafterehepaar in Washington verbrachte. Trotz dem allerhöchsten Einfluss von Diplomaten, Presse und Politikern schaffte sie es nicht, den Kontakt zu ihren Kindern wieder herzustellen. Der Fall landete wahrscheinlich selbst auf dem Tisch des damaligen Kanzlers – man kann schon von einer kleinen diplomatischen Krise sprechen, da sich zur gleichen Zeit solche Fälle häuften und sich Diplomaten als auch Präsidenten einschalteten und Deutschland für sein Verhalten rügten.
Nun haben wir wieder einen ähnlichen Fall und Frau Block wird nichts anderes übrig bleiben, als den Kürzeren zu ziehen.
Dieser Fall zeigt, dass das System gleichermaßen hart zu Vätern als auch Müttern sein kann und es keine Ungleichbehandlung gibt, wenn einer nicht will und den Umgang blockiert. Mir kommt vor, dass Mütter fast noch härter dran genommen werden – irgendetwas muss ja an ihnen sein (im Beispiel des Block Falles wird die Entführung extrem überbewertet, der Blick auf den Vater und sein sehr unkooperatives, paranoides Verhalten wird kaum zur Kenntnis genommen).
Ich muss Herrn Witt recht geben, dass der Staat und die Justiz die Aufgaben bei solchen Fällen schon lange nicht mehr gerecht wird.
Man darf es wohl so sagen: Kindesentzug und Kindesentführungen sind nur auf dem Papier strafbar. Durch den oftmals manipulierten Kindeswillen wird das Strafgesetz §235 ausgehebelt.
Somit muss man feststellen, dass sowohl Herr Hensels Straftat als auch des Vaters des obigen Falls legitimiert wird.
Es ist zu erwarten, dass Kindesentzug, Entfremdungen und solche ausufernden Prozesse um den Umgang wie im Fall Block die nächsten Jahre stetig ansteigen werden – damit ist gut verdient und jeder weiß ja nun, wie er es machen muss, um die komplette Verfügungsgewalt über die Kinder zu erlangen.