Die "kleine Umgangspflegschaft" und Entscheidungen zum Thema Eltern-Kind-Entfremdung

Liebe Leser von hochstrittig.org,

es ist immer schön, wenn man Eltern mit Beratung und gutem Willen erreichen kann. In einem Webinar gab ich letztens die Empfehlung, dass man Eltern bei Fehlverhalten auch klare Grenzen setzen müsse und notfalls auch Ordnungsgeld oder Ordnungshaft durchsetzen müsse. Diese Erwartung könnte Eltern dazu bringen, ihr belastendes Verhalten zu unterlassen.

Einer der Teilnehmer merkte an, dass es doch aber nicht gut sei, wenn man Druck auf Eltern ausübe. Meine Frage dazu: aber was, wenn die Eltern auf Einsicht und gute Worte nicht reagieren?

Die Alternative wäre, dass man hinnimmt, dass die Kinder weiterhin belastenden und schädigenden Verhaltensweisen ausgesetzt wären. Dies kann keine ernsthaft in Erwägung zu ziehende Option sein. Ordnungsgeld und Ordnungshaft sind dann die leider aufgrund des Verhaltens der Eltern notwendigen, nächsten Schritte, um die Eltern zu erreichen. Und sollte selbst dies nicht ausreichend sein, wäre als weitere Maßnahme ein Obhutswechsel oder Umgangsreduzierung / Ausschluss zu prüfen.

All diese Schritte sind nicht gut und nicht erstrebenswert. Sie sind aber zum Schutz der Kinder notwendig, wenn Elternteile ihr belastendes Verhalten nicht ändern können oder wollen. Dies sollten wir bei allem guten Willen nie aus dem Blick verlieren.

Im frühen Stadium kann man natürlich auch andere Mittel wählen. Können Eltern kommunizieren, lautet die häufige Frage. Mein Vorschlag, nutzen Sie doch mal die "kleine Umgangspflegschaft". Kennen Sie nicht? Dann lesen Sie hierzu unseren neuen Blogbeitrag. Es geht ganz einfach und braucht nicht einmal ein Gericht dafür.

Familiengerichte müssen ihre Entscheidungen angemessen begründen. Tun sie dies nicht, kann das Bundesverfassungsgericht diese unter gewissen Umständen aufheben. Genau dies passierte Ende letzten Jahres in einem Fall des OLG Köln. Die als hochstritig bezeichneten Eltern hatten schon mehrere Verfahren geführt, gegen die Mutter wurden bereits sechs Ordnungsgelder verhängt, ohne, dass sie ihr Verhalten veränderte. Der Umgang wurde weiter verweigert, eine Verschlechterung der Vater-Kind-Beziehung war deutlich erkennbar.

Um einer weiteren Entfremdung vorzubeugen, wurde der Mutter einstweilen das Aufenthaltsbestimmungsrecht entzogen und die Erstellung eines aktuellen Gutachtens zu ermöglichen, was die Mutter, für sich und die Kinder, bereits im Vorfeld verweigerte.

Das Bundesverfassungsgericht hob die Entscheidung auf und begründete dies damit, dass das OLG Köln „auf das überkommene und fachwissenschaftlich als widerlegt geltende Konzept des sogenannten Parental Alienation Syndrom (kurz PAS)“ zurückgegriffen hätte.

Das Problem dabei: in der mittlerweile vorliegenden Entscheidung des OLG Köln findet sich davon kein Wort. Wie es zu dieser fatalen Entscheidung kam und was dies für die Praxis bedeutet, habe ich im heute veröffentlichten Blog-Beitrag zusammengefasst. Hier wird es noch erheblichen Klärungsbedarf geben.

Morgen um 18 Uhr findet die letzte Veranstaltung unserer aktuellen Webinar-Staffel zum Thema "Umgang mit Gewaltvorwürfen in hochstrittigen Trennungskonflikten" statt. Nutzen Sie gern die Möglichkeit, sich noch kurzfristig anzumelden. Über weitere Veranstaltungen ab Herbst werde ich zu einem späteren Zeitpunkt informieren.

In dem Sinne viel Spaß beim Lesen wünscht

Markus Witt
Zertifizierter Mediator
Gründer des Portals hochstrittig.org

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